Albert Hänel

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Max Liebermann: Bildnis Geheimrat Prof. Dr. Albert Hänel, 1892, Pastell auf Papier, Kunsthalle Kiel
Von links nach rechts: Ludwig Loewe, Rudolf Virchow, Albert Haenel, Albert Traeger, Eugen Richter um 1881

Albert Hänel (* 10. Juni 1833 in Leipzig; † 12. Mai 1918 in Kiel) war ein deutscher Jurist, Staatsrechtler und liberaler Politiker (Schleswig-Holsteinische Liberale Partei, Deutsche Fortschrittspartei und Freisinnige Vereinigung).

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Albert Hänel war der Sohn des Medizinprofessors Albert Friedrich Hänel (1800–1833) und ein Neffe des Rechtshistorikers Gustav Friedrich Hänel. Seine Mutter, die Frauenrechtlerin Iduna Hänel heiratete nach dem frühen Tod seines Vaters den Schriftsteller Heinrich Laube. Hänel wuchs in einem kulturell und politisch aufgeschlossenen Elternhaus in Wien, Leipzig und auf Schloss Muskau bei Hermann von Pückler-Muskau auf. Nach Beendigung der Schulzeit an der humanistischen Thomasschule zu Leipzig studierte er an den Universitäten Leipzig, Wien und Heidelberg.

In Leipzig wurde er 1857 zum Dr. jur. promoviert. Bereits im darauffolgenden Jahr erfolgte seine Habilitation und Berufung zum Privatdozenten. Zu seinen Lehrern gehörten Wilhelm Eduard Albrecht, Robert von Mohl und Karl Georg von Wächter. 1860 ging als a.o. Professor an die Albertus-Universität Königsberg; zwei Jahre später wurde er zum o. Professor ernannt. 1863 folgte er dem Ruf der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. 1892/93 war er ihr Rektor. In seiner Rektoratsrede befasste er sich mit dem Kaisertum.[1] Die Universitäten Kiel und Tübingen verliehen ihm Ehrendoktorate.[2]

Anlässlich der Einweihung des Kieler Rathauses am 12. November 1911 wurde Hänel die Ehrenbürgerwürde der Stadt verliehen. Vier Wochen vor seinem 85. Geburtstag gestorben, wurde er auf dem Südfriedhof beigesetzt. Hänel war mit Bertha von Hoßtrup (1814–1902) verheiratet. Sie war eine verwitwete Tochter Gerhard von Hoßtrups.[3] Sein Wappen zeigt einen stolzierenden, von einem Pfeil getroffenen Hahn.[4] Sein Nachlass wurde größtenteils zerstört, wenige Reste – darunter eine Sammlung von Todesanzeigen, Sargschleifen sowie zahlreiche Urkunden befinden sich in der Fachbibliothek der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.

Werk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hänel veröffentlichte einige wichtige Werke zur deutschen Rechtsgeschichte. Anknüpfend an die Ideen Freiherr vom und zum Steins entwarf er 1869 die Städteordnung für Schleswig-Holstein und wurde durch sein Eintreten für weitreichende Mitbestimmungs- und Partizipationsrechte zum Reformator der Kommunalen Selbstverwaltung. Den Rechtspositivismus lehnte Hänel ab. Nach der Gründung des Deutschen Reiches widmete er sich dem Bundesstaat und entwarf ein eigenes Staatskonzept. Als Anhänger der germanistischen Ausprägung der Historischen Rechtsschule wendet er sich darin gegen den Formalismus der herrschenden Staatsrechtslehre Paul Labands und stellt dieser über die Verbindung von Staat und Gesellschaft ein stärker kooperatives und genossenschaftsrechtliches Modell entgegen. Hänels Denken beeinflusste maßgeblich Heinrich Triepel, Rudolf Smend, Erich Kaufmann und Hermann Heller und so auch die Entwicklungen der Weimarer Staatsrechtslehre.

Politik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Neben seinen Lehrtätigkeiten engagierte sich Hänel auch politisch, zunächst als Mitglied der Schleswig-Holsteinischen Liberalen Partei, die er aber nach der Befreiung und Annexion der Herzogtümer Schleswig und Holstein durch das Königreich Preußen verließ. Mit Freunden gründete er eine Liberale Vereinigung, die er 1867 im Preußischen Abgeordnetenhaus und im Reichstag des Norddeutschen Bundes vertrat. Als Mitglied der Deutschen Fortschrittspartei war Hänel seit 1871 auch Abgeordneter des Reichstags des Deutschen Kaiserreichs. Dort wurde er 1874 zum Vizepräsidenten gewählt, 1876 übernahm er die gleiche Funktion im Preußischen Abgeordnetenhaus. In der Fortschrittspartei und später in der Deutschen Freisinnigen Partei, die 1884 aus einer Fusion mit der Liberalen Vereinigung hervorgegangen war, entwickelte sich Hänel zum entschiedenen Gegenspieler des Parteiführers Eugen Richter. Im Gegensatz zu ihm bemühte er sich unter anderem um eine Verständigung mit den Nationalliberalen. Als die Deutsche Freisinnige Partei 1893 zerbrach, schloss sich Hänel nicht der Richterschen Freisinnigen Volkspartei, sondern der Freisinnigen Vereinigung um Heinrich Rickert und Theodor Barth an.

Mit der 1880 im Preußischen Abgeordnetenhaus eingebrachten Interpellation Hänel wandte sich Hänel gegen antisemitische Bestrebungen.

Auszeichnungen, Orden und Ehrenzeichen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Das Beweissystem des Sachsenspiegels. 1858. Digitalisat.
  • Decisiones consulum Goslariensium. 1862.
  • Aus Schleswig-Holstein an das Preußische Haus der Abgeordneten. Von einem bisherigen Mitgliede der deutschen Fortschrittspartei in Preußen und jetzigen Schleswig-Holsteiner. Berlin 1863.
  • Die Garantien der Großmächte für Schleswig. 1864. Digitalisat.
  • Das Recht der Erstgeburt in Schleswig-Holstein. Kiel 1864.
  • Nachweisung des Erbrechts Herzog Friedrichs VIII. auf die Herzogtümer Schleswig-Holstein. Kiel 1865.
  • mit Wilhelm Seelig: Zur Frage der „stehenden Gefälle“ in Schleswig-Holstein. 1870/73.
  • Studien zum deutschen Staatsrecht.
    • 1. Studie: Die vertragsmässigen Elemente der deutschen Reichsverfassung. 1873.
    • 2. Studie, Heft 1: Die organisatorische Entwicklung der Deutschen Reichsverfassung. 1880.
    • 2. Studie, Heft 2: Das Gesetz im formellen und materiellen Sinne. 1888.
  • mit Theodor Lesse: Die Gesetzgebung des Deutschen Reichs über Konsularwesen und Seeschifffahrt. Berlin 1875
  • Deutsches Staatsrecht. Band 1: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. Duncker & Humblot, Leipzig 1892. (Digitalisat)
  • Rede zur Enthüllung des Denkmales Heinrich Laube's in Sprottau am 18. September 1895. 1895.
  • Das zweite Ministerium des Freiherrn vom Stein. Rede zur Feier des Geburtstages Seiner Majestat des Deutschen Kaisers Königs von Preussen Wilhelm II. gehalten an der Christian-Albrechts-Universitat am 27. Januar 1908. 1908.
  • Heinrich Laube's gesammelte Werke in 50 Bänden. Unter Mitwirkung von Albert Hänel hrsg. von Heinrich Hubert Houben. Berlin 1908–1909.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Eduard Alberti: Lexikon der Schleswig-Holstein-Lauenburgischen und Eutinischen Schriftsteller von 1829 bis Mitte 1866. Band 1, Akademische Buchhandlung, Kiel 1867.
  • Eduard Alberti: Lexikon der Schleswig-Holstein-Lauenburgischen und Eutinischen Schriftsteller von 1866–1882. Band 1, Biernatzki, Kiel 1885.
  • Hermann Christern (Hrsg.): Deutsches Biographisches Jahrbuch. Überleitungsband 2: 1917–1920. Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart/Berlin u. a. 1928, OCLC 256341807.
  • Herrmann A. L. Degener (Hrsg.): Wer ist's? 4. Ausgabe. Degener, Leipzig 1909.
  • Bernd Haunfelder, Klaus Erich Pollmann: Reichstag des Norddeutschen Bundes 1867–1870. Historische Photographien und biographisches Handbuch (= Photodokumente zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien. Band 2). Droste, Düsseldorf 1989, ISBN 3-7700-5151-3 (mit Bild).
  • Alfred Jellinek: Albert Hänel und Schleswig-Holstein. In: Zeitschrift der Gesellschaft für schleswig-holsteinische Geschichte, Jg. 49 (1919), S. 344–355 (Digitalisat).
  • Hans-Georg Hermann Kiehl: Albert Hänel und der Linksliberalismus im Reichstagswahlkreis Kiel-Rendsburg-Plön 1867 bis 1884. Ein Beitrag zur politischen Parteiengeschichte Schleswig-Holsteins im 19. Jahrhundert. Dissertation, Universität Kiel, 1966.
  • Walther Killy, Rudolf Vierhaus (Hrsg.): Deutsche Biographische Enzyklopädie. Band 4, Saur, München u. a. 1996.
  • Wilhelm Kosch, fortgeführt von Eugen Kuri: Biographisches Staatshandbuch. Band 1, Francke, Bern u. a. 1963.
  • Bernhard Mann: Biographisches Handbuch für das preußische Abgeordnetenhaus (1867–1918) (= Handbücher zur Geschichte des Parlamentarismus und der Politischen Parteien. Band 3). Droste, Düsseldorf 1988, ISBN 3-7700-5146-7.
  • Franz Neubert (Hrsg.): Deutsches Zeitgenossenlexikon. Schulze, Leipzig 1905.
  • Claudia Petersen: Albert Hänel. Ein Kieler Kunstsammler um 1900. Kiel 2013 (Magisterarbeit).
  • Wilfried Röhrich: Hänel, Albert Friedrich. In: Olaf Klose (Hrsg.): Schleswig-holsteinisches biographisches Lexikon. Band 4, Wachholtz, Neumünster 1976, S. 76–79 (PDF).
  • Hellmuth Rössler, Günther Franz (Begründer); Karl Bosl, Günther Franz, Hanns Hubert Hofmann (Bearbeiter): Biographisches Wörterbuch zur deutschen Geschichte. Band 1: A-H. 2. Auflage. Francke, München 1973, ISBN 3-7720-1053-9.
  • Robert ScheyhingHänel, Albert. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 7, Duncker & Humblot, Berlin 1966, ISBN 3-428-00188-5, S. 441 (Digitalisat).
  • Michael Stolleis: Hänel, Albert. In: Michael Stolleis (Hrsg.): Juristen. Ein biographisches Lexikon. Von der Antike bis zum 20. Jahrhundert. Beck, München 1995, ISBN 3-406-39330-6.
  • Friedrich Volbehr, Richard Weyl: Professoren und Dozenten der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel 1665–1954. 4. Auflage. Hirt, Kiel 1956 (= Veröffentlichungen der Schleswig-Holsteinischen Universitätsgesellschaft. Neue Folge, Band 7).
  • Julius Nicolaus Weisfert: Biographisch-litterarisches Lexikon für die Haupt- und Residenzstadt Königsberg und Ostpreußen. 2. Ausgabe. Bon, Königsberg 1898.
  • Heinrich Wiermann: Die Deutsch-Freisinnigen. Eugen Richter, Heinrich Rickert, Professor Hänel, Professor Virchow, Max von Forckenbeck, Freiherr Schenk von Stauffenberg, Ludwig Bamberger, Ludwig Löwe, Professor Mommsen (= Der Deutsche Reichstag. Teil 1). Renger, Leipzig 1884.
  • Festgabe der Kieler Juristen-Fakultät ihrem hochverehrten Senior Dr. Albert Hänel dargebracht zum fünfzigjährigen Doktor-Jubiläum am 28. Dezember 1907. Lipsius & Tischer, Kiel/Leipzig 1907 (Nachdruck: Keip, Frankfurt am Main 1987, DNB 880572698).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Rektoratsrede (HKM).
  2. Franz Neubert: Deutsches Zeitgenossenlexikon. Biographisches Handbuch deutscher Männer und Frauen der Gegenwart. Leipzig 1905, ISBN 978-1-391-43026-3, S. 522.
  3. Robert Scheyhing: Hänel, Albert. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 7, Duncker & Humblot, Berlin 1966, ISBN 3-428-00188-5, S. 441 (Digitalisat).
  4. Claudia Petersen: Albert Hänel. Ein Kieler Kunstsammler um 1900. Kiel 2013, S. 1.
  5. a b c d e Amtliches Verzeichnis des Personals und der Studierenden der Königlichen Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Sommer-Semester 1914. Kiel 1914, S. 6 (dibiki.ub.uni-kiel.de).
  6. London Gazette. Nr. 27264, HMSO, London, 8. Januar 1901, S. 157 (Digitalisat, englisch).